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Drei gute Fragen, wenn Sie über Ihre Produktstrategie nachdenken (Teil 4)

Drei gute Fragen, wenn Sie über Ihre Produktstrategie nachdenken (Teil 4)

Im ersten Teil der Serie habe ich einen Überblick gegeben, welche Fragen Sie mit einer Produktstrategie beantworten sollten. Welche Botschaft übermittelt Ihr Produkt? Wie sichert Ihr Produkt den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens? Wie sichert Ihr Produkt den Erfolg der Kunden Ihrer Kunden? Mit der dritten Frage setzen wir uns hier genauer auseinander.

Vom Makroobjektiv zum Weitwinkel: Wie sichert Ihr Produkt den Erfolg der Kunden Ihrer Kunden?

Umsatz und Gewinn sind wichtige, aber nicht hinreichende, teilweise sogar irreführende Spätindikatoren. Sie bieten Ihnen für strategische Entscheidungen keine tragfähige Grundlage. Vielmehr sollten Sie sich mit der übernächsten Wertschöpfungsstufe auseinandersetzen.

Während meiner Tätigkeit in der chemischen Industrie erzählten mir Kollegen von einem Bewusstseinswandel: Früher waren die Mitarbeiter stolz, wenn der Kesselwagen aus dem Werkstor rollte – durchaus mit unbekanntem Ziel. Heute gewinnt die Anwendungstechnik durch genaue Kenntnis der Einsatzbedingungen den Kunden als Botschafter des Produktes. Gerade die Grundstoffindustrie würde ohne diesen Anwendungsbezug in erhebliche Argumentationsschwierigkeiten geraten. Wenn neue Gesetze den Handlungsspielraum zu beschränken drohen, rückt der gesellschaftliche Nutzen wieder ins Bewusstsein. Dieses Bewusstsein für den eigentlichen Nutzen ist aber weit mehr als eine Frage für die Lobbyarbeit. Oft ist es erst der Kunde Ihres Kunden, der Ihnen wirklich zu verstehen hilft, worum es geht. Selbst bei Bauklötzen gilt es, über die Kunden (Eltern) hinaus die eigentlichen Nutzer (Kinder) zu verstehen.

Welche Erfolgsfaktoren gelten auf dem übernächsten Markt? Welche Merkmale geben Sie dem Produkt mit auf seinen Weg entlang der Wertschöpfungskette? Kürzlich erzählte mir ein Klient, dass sein Unternehmen einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema Gesundheit legt: selbstverständlich betrifft das nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch die seines Kunden und nachgelagerter Anwender, die mit dem Produkt ebenso sicher umgehen sollen. Bei der Produktsicherheit kommen dann auch sensible Aspekte wie die Hautverträglichkeit zur Sprache. Sensibel ist das Thema deshalb, weil es psychosomatischen Einflüssen unterliegt, Vertrauen erfordert und für Gerüchte anfällig ist. Das Nachdenken über die Kunden der Kunden sollte also sowohl die Nutzen als auch die Risiken umfassen.

Insofern ist die Frage nach dem Erfolg untrennbar verknüpft mit der Frage, zu wessen Lasten Sie dieses Produkt anbieten. Welche Kompromisse gehen Sie ein? Welche Externalitäten nehmen Sie in Kauf? Beinah schon trivial, doch leider noch allgegenwärtig, ist die Frage nach der Lastverschiebung auf Lieferanten. Erzwingen Sie ruinöse Einkaufspreise? Verlagern Sie problematische Produktionsprozesse ins Ausland? Und falls der Markt Ihnen diese Bedingungen aufzuzwingen scheint – setzen Sie auf den richtigen Markt? Denken Sie an Ihre Mitarbeiter, an weitere Marktteilnehmer, an die Gesellschaft im Allgemeinen und sogar an künftige Generationen!

Die Beantwortung dieser kontroversen Fragen macht es Ihnen auch leichter, die Klarheit zu finden, was Sie nicht wollen. Unerlässlich für jede gute Strategie ist die Entscheidung, was Sie weglassen, wo Sie nicht konkurrieren, nicht investieren wollen. Das können Produktmerkmale sein, auf die Sie verzichten, oder Märkte, auf deren Verdrängungswettbewerb Sie sich nicht einlassen. Wer, wenn nicht Sie, soll das sonst entscheiden? Bevor ein Konsumentenboykott oder eine Regulierung Sie zu einem teuren Kurswechsel zwingt, nehmen Sie lieber proaktiv das Steuer in die Hand.

Gerade weil Sie bewusst und weitsichtig entscheiden, bleibt Zeit für wirklich Wichtiges. Das Erbgut Ihres Produktes ist möglicherweise für einen angrenzenden Markt interessant, weil dort ähnliche Werte und Prinzipien den Erfolg bestimmen. Unversehens ziehen Sie Noch-nicht-Kunden an. Sie erschließen neue Gelegenheiten. Nicht umsonst gehört es zu den Grundsätzen des agilen Managements, stets im engen Kontakt und Austausch zu bleiben. Eine gute Produktstrategie dreht sich nicht um Pläne und Prozesse. Sie beruht auf enger Zusammenarbeit mit Ihren Kunden und mit deren Kunden, um deren wahre Bedürfnisse zu erkennen und geleitet durch den Kompass des Produktkerns zu erfüllen.

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Datum: Apr 28Autor: Ivo Mersiowsky
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